Der Verkehrsleiter

Fragen rund um das Thema Verkehrsleiter

Einfach auf die Frage Klicken und die Antwort erscheint.

Was ist ein Verkehrsleiter und welche Aufgaben hat er?

Nur der Begriff des Verkehrsleiters selbst ist neu, seine Funktion ist dagegen schon lange in jedem erlaubnispflichtigen Güterkraftverkehrs- bzw. Personenbeförderungsunternehmen bekannt: Im Kern entspricht der neue Verkehrsleiter der bekannten „zur Führung der Geschäfte des
Güterkraftverkehrs/ Omnibusverkehrs bestellten Person“ Der Begriff „Verkehrsleiter“ wurde durch die EU Verordnung (EG) Nr. 1071/2009
eingeführt.
Artikel 2 Nr. 5 der VO (EG) Nr. 1071/09 definiert den Verkehrsleiter folgendermaßen: er ist „eine von einem Unternehmen beschäftigte natürliche
Person oder, falls es sich bei diesem Unternehmen um eine natürliche Person handelt [meist kleinere Einzelunternehmen], diese Person selbst oder
gegebenenfalls eine von diesem Unternehmen vertraglich beauftragte andere natürliche Person, die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeiten dieses
Unternehmens leitet“.
Unternehmen, die ausschließlich Werkverkehr betreiben, fallen nicht unter die EU-Verordnung.
Sie benötigen keinen Verkehrsleiter.

Aufgaben des Verkehrsleiters

Laut gesetzlicher Definition ist die Kernaufgabe des Verkehrsleiters die „tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeiten eines Unternehmens“.
Die Verordnung gibt aber noch weitergehende Hinweise. So werden beispielsweise im Zusammenhang mit externen Verkehrsleitern
folgende Aufgabenbereiche genannt (vgl. Artikel 4 Absatz 2 lit b):
 das Instandhaltungsmanagement der Fahrzeuge
 die Prüfung der Beförderungsverträge und Dokumente
 die grundlegende Rechnungsführung
 die Disposition der Ladungen und des Fahrpersonals (Einhaltung der Sozialvorschriften) sowie
 die Prüfung der Sicherheitsverfahren (beispielsweise Unfallverhütungsvorschriften und Ladungssicherung)
Es bleibt auch weiterhin möglich, die Aufgaben im Unternehmen zu delegieren;
die letztendliche Verantwortlichkeit trägt der Verkehrsleiter.

Ab wann gibt es den Verkehrsleiter?

Grundsätzlich seit dem 4. Dezember 2011 benötigen alle betroffenen Unternehmen einen internen oder externen Verkehrsleiter.
Seit 4. Dezember 2011 gilt die den Verkehrsleiter mitregelnde EU-Verordnung (EG) Nr. 1071/09.
Sie wirkt unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten, ohne dass es einer nationalen Umsetzung bedarf.
Letztendlich benötigt jedes Unternehmen des Güterkraft- oder Personenverkehrs ab dem 4. Dezember 2011 einen Verkehrsleiter, so wie es
bislang auch schon eine fachkundige Person, die zur Leitung der Verkehrsgeschäfte bestellt war, geben musste.
Weiterhin gilt: die generell vom Anwendungsbereich des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) und des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ausgenommenen Betriebsarten bleiben durch die Neuregelung unberührt.
Unternehmen, die ausschließlich Werkverkehr betreiben, unterliegen nicht den Bestimmungen der EU Berufszugangsverordnung, d.h. es muss
kein Verkehrsleiter benannt werden.

Kernanforderungen:

Zum Verkehrsleiter bestellt werden kann grundsätzlich jede natürliche Person (Art. 4 VO (EG) Nr. 1071/09), sofern sie folgende Kriterien erfüllt:
 Zuverlässigkeit: Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmers darf nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch
Verurteilung oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften (vgl. nachfolgende Ausführungen).
 Fachliche Eignung: Kenntnisse , um sowohl innerstaatliche als auch grenzüberschreitende Verkehre zu leiten. Die erforderliche Fachkunde wurde
durch eine IHK-Fachkundeprüfung nachgewiesen. Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1071/09).
Neben diesen „Kernanforderungen“ (die nachgewiesen werden müssen), gibt es weitere Kriterien, die die EU verbindlich in allen Mitgliedsstaaten
vorschreibt:
 Tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeiten des Unternehmens, d.h., der Verkehrsleiter muss über entsprechende
Entscheidungsbefugnisse und Kompetenzen im Unternehmen verfügen.
 Er muss in einer echten Beziehung zu dem Unternehmen stehen, beispielsweise wenn er Angestellter, Direktor, Eigentümer oder Anteilseigner ist
oder die Verwaltungsgeschäfte des Unternehmens führt. Ausnahmen gelten für den externen Verkehrsleiter .
WICHTIGER HINWEIS FÜR ANERKANNTE AUSBILDUNGSBERUFE UND STUDIENGÄNGE:
Die bislang anerkannten Ausbildungsberufe und Studiengänge werden nach dem Inkrafttreten der neuen nationalen Berufszugangsverordnungen künftig nicht mehr als Fachkundenachweise anerkannt werden. Für den Güterkraftverkehr gibt es einen Besitzstandsschutz für alte Abschlussprüfungen. Im Personenverkehr ist dies noch nicht sicher.
Bislang sahen sowohl die nationalen Berufszugangsverordnungen zum Güterkraftverkehr (GBZugV), als auch zum Personenverkehr (PBZugV) die
Anerkennung bestimmter Abschlussprüfungen und Studiengänge vor. Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2011 beschlossen (Bundesratsdrucksache707/11), dass nach § 7 Abs. 1 der nationalen Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) die in der Anlage 4 der jetzt geltenden GBZugV aufgeführten Abschlussprüfungen weiterhin als Fachkundenachweise gelten, soweit die Ausbildung bereits abgeschlossen oder vor dem 4. Dezember 2011 begonnen wurde.
zur Zuverlässigkeit:
Bei den Zuverlässigkeitsanforderungen kommt es dagegen erstmals zu verbindlichen Vorgaben, insbesondere was die Konsequenzen von Verstößen angeht. Hierin ist durchaus eine Verschärfung zu sehen.
Zwingend in Frage gestellt wird die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen
aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:
 Handelsrecht,
 Insolvenzrecht,
 Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,
 Straßenverkehr,
 Berufshaftpflicht,
 Menschen- oder Drogenhandel.
Als unzuverlässig gilt ein Verkehrsleiter auch dann, wenn in einem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion verhängt wurde wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden Bereichen:
 Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
 höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
 Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
 Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,
 Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs,
 Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße,
 Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten
Fahrzeugklassen,
 Führerscheine,
 Zugang zum Beruf,
 Tiertransporte.
Die VO (EG) Nr. 1071/09 enthält in Anhang IV eine Liste der schwersten Verstöße, die zur Feststellung der Unzuverlässigkeit führen können:
 Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 Prozent oder mehr.
 Während der täglichen Arbeitszeit Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 Prozent oder mehr ohne Pause oder ohne ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 4,5 Stunden.
 Fehlender Fahrtenschreiber und/oder fehlender Geschwindigkeitsbegrenzer oder Verwendung einer betrügerischen Vorrichtung, durch die die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts und/oder der Geschwindigkeitsbegrenzer verändert werden können, oder Fälschung der Schaublätter oder der vom
Fahrtenschreiber und/oder von der Fahrerkarte heruntergeladenen Daten.
 Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, und/oder
sehr schwer wiegende Mängel u. a. an Bremssystem, Lenkanlage, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
 Beförderung gefährlicher Güter, deren Beförderung verboten ist oder die mit
verbotenen oder nicht zugelassenen Mitteln zur Verwahrung oder ohne entsprechende Gefahrgutkennzeichnung am Fahrzeug befördert werden, von
der eine solche Gefahr für Menschenleben und Umwelt ausgeht, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
 Beförderung von Personen oder Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen, das nicht im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz ist.
 Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist.
 Güterbeförderung unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 Prozent oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von
mehr als 12 Tonnen und um 25 Prozent oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 12 Tonnen.
Wurden solche Verstöße rechtskräftig festgestellt, droht als Konsequenz, dass die zuständige Behörde die Unzuverlässigkeit eines Verkehrsleiters feststellt.
Dabei ist es gleich, ob es sich bei dem Verstoß nach nationalem – bspw. deutschem – Recht um eine Ordnungswidrigkeit oder einen Straftatbestand handelt und ob der Verstoß mit einem Bußgeld, einer Geld- oder sogar einer Freiheitsstrafe geahndet wird.
Angesichts der gravierenden Folgen eines Verstoßes nach Anlage IV der VO (EG) Nr. 1071/09 für die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder Erlaubnisinhabers (vgl. Frage 15), aber auch um eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Anhangs IV in Deutschland zu gewährleisten, hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Auslegungshilfe einen Katalog der nationalen Straf- und Bußgeldtatbestände bekannt gegeben, der die schwersten Verstöße im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/09 auflistet. Wichtige Hinweise enthält die Auslegungshilfe beispielsweise zur Qualität, die ein Verstoß haben muss, um als „schwerster Verstoß“ gewertet zu werden. Bei Straftaten sind demnach besondere Tatumstände erforderlich. So sollen in Deutschland begangene Straftaten wie die Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB), der Missbrauch von Ausweispapieren (§ 81 Abs. 1 (1. Alt.) in Verbindung mit Abs. 2 StGB) oder die Datenveränderung (§ 303 a Abs. 1 StGB) regelmäßig nur dann auch „schwerste Verstöße“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 sein, wenn sie bei oder im Zusammenhang mit der Verwendung des Kontrollgeräts bzw. der Fahrerkarte realisiert werden. Werden Bußgelder aufgrund von Ordnungswidrigkeiten verhängt, sollen diese in Deutschland nur dann „Anhang-IV-relevant“ sein, wenn die Höhe der Geldbuße mehr als 200 Euro beträgt. Dies führt dazu, dass ein schwerster Verstoß in vielen Fällen nur bei der Verwirklichung einer bestimmten Begehungsvariante erfüllt ist, der zu einer Erhöhung des Regelsatzes führt.
Die Auslegungshilfe zu Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 ist unter „Downloads“ > „Auslegungshilfe Anhang IV VO 1071/09“ abrufbar.
Die besonders schweren Verstöße haben auch deswegen besondere Brisanz, da festgestellte Verstöße in die neue Güterkraftverkehrsdatei aufgenommen
werden. Im schlimmsten Fall, d.h. wenn die Zuverlässigkeit eines Verkehrsleiters nicht mehr gegeben ist und die Tätigkeit untersagt wurde, besteht faktisch ein europaweites Beschäftigungsverbot als Verkehrsleiter.
Auch für einen Erlaubnisinhaber einer Güter- oder Personenkraftverkehrslizenz, bei dem die Unzuverlässigkeit festgestellt wird, hätte dies gravierende Konsequenzen: Während er die Möglichkeit hat, eine fehlende Fachkunde durch einen externen Verkehrsleiter „auszugleichen“, so kann er die fehlende
Zuverlässigkeit nicht ersetzten, d.h. die Behörde kann die Erlaubnis komplett widerrufen, was ebenfalls einem faktischen Berufsverbot gleichkäme.

Kann ich auch ein Güterkraft- oder Personenverkehrsunternehmen gründen/leiten und die Erlaubnis hierfür erhalten, ohne selbst die notwendigen Fachkundeanforderungen zu erfüllen?

Ja, dies ist nun eindeutig geregelt und unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. Artikel 4 Absatz 2 lit. a) bis d) VO (EG) Nr. 1071/09.
Demnach kann trotz der fehlenden Fachkunde einem Unternehmen die Erlaubnis erteilt werden.
Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen mit einem externen Verkehrsleiter einen Vertrag abschließt und diesen gegenüber der zuständigen Behörde als solchen benennt.
Damit übernimmt der externe Verkehrsleiter die Verantwortung für die Verkehrsgeschäfte.
Neu gegenüber der bisherigen Regelung, die ebenfalls die Leitung eines Unternehmens ohne Fachkunde ermöglicht hat, ist, dass nun keine fachkundige
Person mehr im Unternehmen selbst beschäftigt sein muss. Die Fachkunde kann nun sozusagen durch externe Dienstleister – in Person des externen
Verkehrsleiters – vorgehalten werden.
Bislang musste, falls der Erlaubnisinhaber selbst keine Fachkunde hatte, zumindest eine andere Person direkt im Unternehmen beschäftigt sein, die über die entsprechende Fachkunde verfügte.

Quelle: IHK und BAG